Musiktherapie in der Forensischen Psychiatrie
Musik spricht unmittelbar an, drückt menschliches Erleben aus, weckt Empfindungen, Assoziationen und tiefe Gefühle. Zugleich hat sie eine starke integrierende Kraft. Die Musiktherapie nutzt jene Spezifik der Musik für die Behandlung unterschiedlicher psychischer Störungen. Eine zentrale Methode der Musiktherapie ist die Instrumentalimprovisation, bei der die Patienten aus dem Stegreif oder nach festen Spielregeln auf Orffschen Instrumenten spielen. Das musikalisch-kreative Gestalten läuft dabei teils auf bewusster, teils auf unbewusster Ebene ab. Durch das gemeinsame Musizieren kommunizieren und kooperieren die Patienten miteinander. Sie treten in Beziehung zueinander. Sie erleben sich dabei einerseits in ihren gegenwärtig bestimmenden Verhaltensmustern, andererseits können sie neue Verhaltensweisen erproben und neue Erfahrungen sammeln.
Die Musiktherapie in der Forensik trägt unter anderem zur Behandlung häufig auftretender Defizite persönlichkeitsgestörter Patienten bei:
Störungen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung
Die Wahrnehmungsfähigkeit wird auf verschiedenen Ebenen entwickelt: mittels Wahrnehmung musikalischer Strukturen, Wahrnehmung des eigenen Verhaltens und des Verhaltens anderer, Körperwahrnehmung, Wahrnehmung emotionalen Geschehens.
Störungen im Kommunikations- und Interaktionsverhalten
In der Instrumentalimprovisation werden Störungen in diesem Bereich hörbar, sichtbar und somit einer Bearbeitung zugänglich gemacht. Spielerisch entdecken und erproben Patienten neue Verhaltensweisen. Gemeinsam Musik zu machen motiviert, sich sozialer zu verhalten und mit anderen Mitspielern abzustimmen. Denn nur gemeinsam lässt sich musikalisch etwas erreichen oder wie der Volksmund sagt: „Der richtige Ton macht die Musik.“.
mangelnde Ausdrucksfähigkeit
Musikalisches Improvisieren ist auf das Finden unterschiedlicher Klangfarben und Zwischentöne ausgerichtet. So können auf einfachste Weise Geschehnisse, Gefühle und Befindlichkeiten zum Ausdruck gebracht werden. Zusätzlich erleben die Patienten Befindlichkeiten sowie die Entwicklung und Veränderung von Zuständen.
gestörte Impulskontrolle
Beim musikalischen Improvisieren geht es um das Agieren von Impulsen und das Abführen von Spannung, natürlich stets mit der notwendigen Beherrschung. Es findet eine ständige Wechselwirkung des inneren (eigene Impulse und Bedürfnisse) und äußeren Erlebens (hörbare Impulse und Bedürfnisse der anderen; Strukturen in der improvisierten Musik) statt.
mangelnde Motivation und Interessen
Musik wirkt emotional stimulierend. Die aktive Beschäftigung mit Musik fördert daher die eigene Aktivität und Kreativität. Die Vielfalt der Musik, der Instrumente und der musiktherapeutischen Verfahren ermöglicht es, an den individuellen Interessen und Bedürfnissen unserer Patienten anzusetzen oder diese sogar weiterzuentwickeln. In jedem Fall erleben sich unsere Patient während der Musiktherapie nicht als defizitär (in dem, was er nicht kann), sondern auch als potent (in dem, was er kann oder könnte).